Verordnung über gewerbsmäßige Versteigerungen
(Versteigererverordnung - VerstV)
VerstV
Ausfertigungsdatum: 24.04.2003
Vollzitat:
"Versteigererverordnung vom 24. April 2003 (BGBl. I S. 547), die zuletzt durch Artikel 101 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist"
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 101 G v. 29.3.2017 I 626
Fußnote
Die V wurde als Artikel 1 V v. 24.4.2003 I 547 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit den Bundesministerien des Innern, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit Zustimmung
des Bundesrates erlassen. Sie tritt gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 dieser V am 1.10.2003 in Kraft.
§ 1 Versteigerungsauftrag
Der Versteigerer darf nur auf Grund eines schriftlichen Vertrags mit dem Inhalt nach Satz 2 versteigern. Der Vertrag muss enthalten:
1. Vor- und Nachnamen sowie Anschrift des Auftraggebers,
2. die Bezeichnung der einzelnen zur Versteigerung bestimmten Sachen und Rechte außer bei Sachgesamtheiten, wenn der Auftraggeber auf die Bezeichnung der einzelnen Sachen im Vertrag verzichtet hat,
3. die Höhe eines vom Auftraggeber zu zahlenden Entgelts,
4. die Beträge, die der Auftraggeber als Anteil an den Kosten und baren Auslagen der Versteigerung sowie für eine Schätzung und Begutachtung zu zahlen hat,
5. den Betrag, den der Auftraggeber dem Versteigerer zu zahlen hat, wenn er den Auftrag ganz oder teilweise zurücknimmt,
6. Angaben darüber,
a) wie lange der Auftraggeber an den Auftrag gebunden ist,
b) ob und welche Mindestpreise festgesetzt werden,
c) ob Gold- und Silbersachen unter dem Gold- oder Silberwert zugeschlagen werden können.
§ 2 Verzeichnis
(1) Der Versteigerer hat bis spätestens zwei Wochen vor der Versteigerung ein Verzeichnis der zu versteigernden Sachen anzufertigen, in dem das Versteigerungsgut jedes Auftraggebers einheitlich zu kennzeichnen ist. Das Versteigerungsgut ist durch den Namen des Auftraggebers oder durch Deckworte, Buchstaben oder Zahlen bei jeder einzelnen Nummer des Verzeichnisses oder bei übersichtlichen Zusammenstellungen der den einzelnen Auftraggebern gehörenden Sachen zu kennzeichnen. Bei den Zusammenstellungen sind die Sachen, die dem Versteigerer gehören, gesondert aufzuführen und als solche zu kennzeichnen.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Briefmarkenversteigerungen, Münzversteigerungen und öffentliche Versteigerungen auf Grund gesetzlicher Vorschrift (§ 383 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Bei freiwilligen Hausrat- und Nachlassversteigerungen können durch die am Ort der Versteigerung zuständige Behörde Ausnahmen von den Anforderungen nach Absatz 1 zugelassen werden.
§ 3 Anzeige
(1) Der Versteigerer hat jede Versteigerung spätestens zwei Wochen vor dem in Aussicht genommenen Versteigerungstermin der zuständigen Behörde sowie der Industrie- und Handelskammer, in deren Bezirk die Versteigerung stattfinden soll, schriftlich oder elektronisch mit den Angaben nach Absatz 2 anzuzeigen. Die Behörde kann in Ausnahmefällen, insbesondere bei leicht verderblichem Versteigerungsgut, die Frist auf Antrag abkürzen. Bei der Versteigerung von landwirtschaftlichem Inventar, landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Vieh ist keine Anzeige erforderlich.
(2) In der Anzeige sind Ort und Zeitpunkt der Versteigerung sowie die Gattung der zu versteigernden Ware anzugeben. In den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 sind der Anlass der Versteigerung sowie Name und Anschrift der Auftraggeber anzugeben.
(2a) Erkennt der Versteigerer in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 erst nach Erstattung der Anzeige nach Absatz 1, dass einzelne Gegenstände zu dem zu versteigernden Nachlass oder der zur versteigernden Insolvenzmasse oder zum aufgegebenen Geschäftsbetrieb gehören, darf er diese Gegenstände versteigern, wenn er dies der zuständigen Behörde sowie der Industrie- und Handelskammer unter Bezugnahme auf die nach Absatz 1 erstattete Anzeige unverzüglich anzeigt.
(3) Eine neue Versteigerung am Ort der vorhergehenden Versteigerung darf erst dann begonnen werden, wenn die vorhergehende Versteigerung mindestens vor fünf Tagen beendet wurde. Keine der Versteigerungen darf die Dauer von sechs Tagen überschreiten. Die zuständige Behörde kann in Einzelfällen, insbesondere bei Grundstücksversteigerungen, gegebenenfalls nach Einholen einer Stellungnahme bei der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer, Ausnahmen von den Fristen der Sätze 1 und 2 zulassen.
(4) Der Versteigerer hat auf Verlangen
1. weitere erforderliche Unterlagen und Informationen herauszugeben,
2. eine Vorabbesichtigung des Versteigerungsgutes zu ermöglichen,
3. im Einzelnen nachzuweisen, dass es sich beim Versteigerungsgut um gebrauchte Ware handelt oder hierfür die Ausnahmetatbestände des § 6 Abs. 1 vorliegen.
Zur Ausübung der Befugnisse nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 kann sich die Behörde der Industrie- und Handelskammern bedienen. Die Behörde kann die Industrie- und Handelskammer auch auffordern, bis zum dritten Tag vor der Versteigerung eine Stellungnahme abzugeben.
(5) Auf Versteigerungen im Reisegewerbe findet § 56a Abs. 2 der Gewerbeordnung keine Anwendung.
§ 4 Besichtigung
Der Versteigerer hat für die Dauer von mindestens zwei Stunden Gelegenheit zur Besichtigung des Versteigerungsgutes zu geben. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen zulassen, wenn der Versteigerer den Bietern in anderer Weise hinreichend Gelegenheit gibt, das Versteigerungsgut zu beurteilen.
§ 5 (weggefallen)
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§ 6 Ausnahme von den verbotenen Tätigkeiten
(1) Das Verbot der Versteigerung von Waren, die in offenen Verkaufsstellen feilgeboten werden und die ungebraucht sind oder deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in ihrem Verbrauch besteht (§ 34b Abs. 6 Nr. 5 Buchstabe b der Gewerbeordnung), gilt nicht, wenn das Versteigerungsgut
1. zu einem Nachlass oder einer Insolvenzmasse gehört,
2. wegen Geschäftsaufgabe veräußert wird,
3. im Wege der öffentlichen Versteigerung auf Grund gesetzlicher Vorschrift veräußert wird (§ 383 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
Die zuständige Behörde kann im Einzelfall nach Anhörung der für den Versteigerungsort zuständigen Industrie und Handelskammer weitere Ausnahmen zulassen, wenn nicht zu befürchten ist, dass die Versteigerung den Absatz vergleichbarer Waren im Einzelhandel empfindlich beeinträchtigen würde.
(2) Der Versteigerer darf in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 nicht versteigern, wenn
1. die Versteigerung in räumlichem oder zeitlichem Zusammenhang mit einer anderen Verkaufsveranstaltung steht, es sei denn, es handelt sich um einen Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe, oder
2. das Versteigerungsgut zum Zweck der Versteigerung in eine andere Gemeinde verbracht ist; dies gilt nicht, soweit der Versteigerer glaubhaft macht, dass es sich um einen geeigneten anderen Ort im Sinne des § 383
Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt.
Die für den Versteigerungsort zuständige Behörde kann im Einzelfall unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Ausnahmen zulassen.
§ 7 Zuschlag
Der Versteigerer darf den Zuschlag erst erteilen, wenn nach dreimaligem Wiederholen des Höchstgebots kein Übergebot abgegeben wird.
§ 8 Buchführung
(1) Der Versteigerer hat über jeden Versteigerungsauftrag und dessen Abwicklung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung Aufzeichnungen zu machen sowie Unterlagen und Belege zu sammeln. Die Aufzeichnungen sind unverzüglich und in deutscher Sprache zu machen. § 239 Abs. 2 bis 4 des Handelsgesetzbuchs gilt sinngemäß.
(2) Die Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege sind in den Geschäftsräumen drei Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem Aufzeichnungen zu machen, Unterlagen oder Belege zu sammeln waren.
(3) Soweit sich aus handels- oder steuerrechtlichen Bestimmungen Pflichten zur Buchführung ergeben, die der Pflicht nach Absatz 1 vergleichbar sind, kann der Gewerbetreibende auf diese Buchführung verweisen; die Aufbewahrungspflichten nach Absatz 2 gelten in diesem Fall entsprechend.
§ 9 Untersagung, Aufhebung und Unterbrechung der Versteigerung
Die zuständige Behörde kann die Versteigerung ganz oder teilweise untersagen oder eine begonnene Versteigerung aufheben oder unterbrechen, wenn der Versteigerer gegen § 34b Abs. 6 oder 7 der Gewerbeordnung oder gegen § 2 Abs. 1 oder §§ 3, 4 oder § 6 Abs. 2 dieser Verordnung verstößt oder verstoßen hat.
§ 10 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 144 Absatz 2 Nummer 1b der Gewerbeordnung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 1 Satz 1 ohne schriftlichen Vertrag versteigert,
2. entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 ein Verzeichnis nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig anfertigt,
3. entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet,
4. entgegen § 3 Abs. 3 Satz 1 eine neue Versteigerung beginnt,
5. entgegen § 3 Abs. 4 Satz 1 eine Unterlage oder eine Information nicht oder nicht rechtzeitig herausgibt, eine Vorabbesichtigung nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht oder einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig führt,
6. (weggefallen)
7. entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 oder 2 eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht oder
8. entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 eine Aufzeichnung, eine Unterlage oder einen Beleg nicht oder nicht mindestens drei Jahre aufbewahrt.
(2) Ordnungswidrig im Sinne des § 145 Abs. 2 Nr. 8 der Gewerbeordnung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung in Ausübung eines Reisegewerbes begeht.
(3) Ordnungswidrig im Sinne des § 146 Abs. 2 Nr. 11 der Gewerbeordnung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung in Ausübung eines Messe-, Ausstellungs- oder Marktgewerbes begeht.
(4) Wer durch eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung Leben oder Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, ist nach § 148 Nr. 2 der Gewerbeordnung strafbar.
§ 11 Anwendung bei grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung
(1) Üben Gewerbetreibende von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aus im Geltungsbereich dieser Verordnung vorübergehend selbständig eine gewerbsmäßige Tätigkeit als Versteigerer aus, sind die §§ 2 bis 10 insoweit nicht anwendbar. § 4 Absatz 2 der Gewerbeordnung gilt entsprechend.
(2) Die §§ 8 und 10 Absatz 1 Nummer 7 und 8, jeweils auch in Verbindung mit § 10 Absatz 2 bis 4, sind auch anzuwenden, wenn im Inland niedergelassene Gewerbetreibende die Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Anspruch nehmen und dort vorübergehend selbständig eine gewerbsmäßige Tätigkeit als Versteigerer ausüben.